Preisdynamik und Wertentwicklung von Wohneigentum in Kempten (Allgäu): Eine tiefgehende Analyse 2018–2025 für Eigentümer

I. Die Zyklen des Kemptener Immobilienmarktes (2018–2025)

1.1 Kempten zwischen Boom, Zinswende und der neuen Normalität

Der Immobilienmarkt in Kempten (Allgäu) hat im Beobachtungszeitraum von 2018 bis 2025 drei unterschiedliche Phasen durchlaufen, die den Marktcharakter grundlegend verändert haben. Zunächst dominierte eine Phase der durch Nullzinsen getriebenen, undifferenzierten Preisexplosion (2018–2022). Diese Ära wich abrupt einer Phase der Zinswende und Marktkorrektur (2023), die in eine finanzierungssensible und stark segmentierte Marktstruktur (2024–2025) mündete.

Die Analyse des Frühjahrs 2025 zeigt, dass die Phase sinkender Preise für Wohnimmobilien, die durch den Zinsschock ausgelöst wurde, beendet scheint. Der Wohneigentumsmarkt in Kempten verzeichnet stattdessen eine insgesamt positive Entwicklung, und die Nachfrage nach Bestandsimmobilien hat sich im Vergleich zum Vorjahr belebt. Der Markt im Allgäu insgesamt durchläuft eine dynamische Entwicklung, die durch eine einzigartige Kombination aus natürlicher Schönheit und regionaler wirtschaftlicher Stabilität gestützt wird.

1.2 Die zentralen Kennzahlen 2025 und wichtigste strategische Erkenntnisse

Die aktuellen Medianpreise und Durchschnittswerte im Jahr 2025 verdeutlichen die Erholung des Marktes, insbesondere im Wohnungssegment.

Kennzahlen 2025 (Durchschnittlicher Preis pro Quadratmeter):

  • Eigentumswohnungen: Der durchschnittliche Quadratmeterpreis liegt aktuell bei rund 4.333 €/m². Andere Analysen nennen den Median bei 4.665 €/m².
  • Häuser: Die Preise für Häuser variieren im Schnitt zwischen 3.620 €/m² und 4.071 €/m².

Die wichtigste strategische Erkenntnis des aktuellen Marktes ist die zunehmende Preisdivergenz in Abhängigkeit vom Objektzustand. Während die Preise für gepflegte und moderne Objekte auf einem stabilen Niveau bleiben oder vereinzelt leichte Steigerungen erfahren, verzeichnen Objekte, die einen deutlichen Sanierungsbedarf aufweisen, teils spürbare Rückgänge.

Die Rückkehr zu positiven Wachstumsraten im Wohnungssegment – mit Steigerungen von bis zu +8,54 Prozent im Vergleich zum Vorjahr 2024/2025 – nach dem Korrekturjahr 2023 (in dem die Preise um -6,2 % sanken) deutet auf eine sogenannte V-förmige Erholung der Immobilienpreise hin. Diese Entwicklung lässt sich darauf zurückführen, dass die fundamentale Nachfrage, gestützt durch die hohe Standortqualität und die regionale Wirtschaftskraft, die primären Preisstützen darstellen. Der zwischenzeitliche Einbruch 2023 wird somit als ein primär liquiditätsgetriebener Schock interpretiert, der durch die schnelle Zinswende verursacht wurde.

II. Die Ära des Booms: Preisexplosion im Niedrigzinsumfeld (2018–2022)

2.1 Fundamentale Treiber: Zinsniveau und regionale Attraktivität

Der Zeitraum von 2018 bis Anfang 2022 war maßgeblich durch die Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) geprägt. Die Zinsen für zehnjährige Baufinanzierungen lagen im Januar 2022 noch bei etwa 1,0 Prozent. Dieses extrem niedrige Zinsniveau wirkte als massiver Katalysator, da es die Kaufkraft auf dem Immobilienmarkt drastisch erhöhte. Selbst bei steigenden Kaufpreisen blieben die monatlichen Belastungen für Käufer lange Zeit tragbar.

Kempten profitierte zusätzlich von seiner Rolle als bedeutender regionaler Ankerpunkt. Als führender Wissenschafts- und Technologiestandort im Allgäu und gefragter Wirtschafts- und Wohnstandort zog die Stadt konstanten Zuzug an. Diese strukturelle Attraktivität untermauerte die durch die Zinsen befeuerte Nachfrage.

2.2 Quantitative Entwicklung der Quadratmeterpreise in Kempten (Historische Daten)

In der Boomphase beschleunigten sich die Preissteigerungen dramatisch. Lag die jährliche Veränderung der Wohnungspreise 2018 noch bei moderaten +0,7 Prozent, erlebte der Markt in den Jahren 2019 und 2020 eine Akzeleration der Preisdynamik mit Zuwachsraten von +14,5 Prozent bzw. +15,14 Prozent im Jahresvergleich.

Diese massive Steigerung, die in der Spitze jährlich über 14 Prozent erreichte, deutet darauf hin, dass die Preisentwicklung in diesen Jahren zeitweise spekulativ überhitzt war. Die Erwartung weiterhin niedriger Zinsen führte zu einer Entkopplung der Preise von der realen regionalen Einkommensentwicklung.

Der Höhepunkt dieses Booms wurde im Jahr 2022 erreicht. Im Frühjahr 2022 kosteten Eigentumswohnungen aus dem Bestand in Kempten im Schnitt 3.600 €/m², während neuerrichtete Objekte mit durchschnittlich 4.770 €/m² gehandelt wurden. Die Preisentwicklung setzte sich bis zu diesem Zeitpunkt kontinuierlich fort, mit einer Steigerung von +6,66 Prozent im Jahr 2022 gegenüber dem Vorjahr.

Dieses Preisniveau, insbesondere für Neubauwohnungen, kann als die Obergrenze der Liquidität betrachtet werden, die unter den damaligen 1-Prozent-Zinsbedingungen finanzierbar war. Die maximal finanzierbare monatliche Rate definierte somit den Preis-Peak.

Die Entwicklung der Wohnungspreise ist in der folgenden Übersicht zusammengefasst:

Tabelle 1: Historische Kaufpreisentwicklung Eigentumswohnungen Kempten 2018–2025 (Durchschnittlicher Preis pro m²)

Jahr Ø Preis pro m² Veränderung zum Vorjahr Marktphase
2018 ~3.094 € +0.7 % Später Niedrigzins-Boom
2019 ~3.378 € +14.5 % Beschleunigter Boom
2020 ~3.890 € +15.14 % Corona-Boom
2021 ~4.173 € +7.28 % Fortgesetzter Aufwärtstrend
2022 ~4.451 € +6.66 % Vor Zinswende-Peak
2023 ~3.737 € -7.9 % / -6.2% Marktkorrektur (Zinswende)
2024 ~4.026 € +7.7 % / +2.7% Erholung/Stabilisierung
2025 (Aktuell) 4.333 € – 4.665 € +1.7% bis +8.54 % Differenzierte Stabilisierung

2.3 Die Rolle des Neubaus und die Knappheit des Angebots bis 2022

Trotz des Plans für große Baugebiete wie „Halde-Nord“ (420 angedachte Wohneinheiten) und die „Funkenwiese“ (über 180 Wohnungen), überstieg die Nachfrage am Kaufsegment das Angebot an verfügbaren Ein- und Zweifamilienhäusern, Eigentumswohnungen und Baugrundstücken weiterhin spürbar. Die Knappheit an Wohnraum war ein entscheidender Faktor, der die Preise in die Höhe trieb. Die strukturelle Angebotslücke in Kempten fungierte als Preisturbo und verhinderte, dass die hohe Dynamik am Markt durch erhöhte Bautätigkeit abgefangen werden konnte.

III. Zinswende und Marktkorrektur: Die Jahre der Veränderung (2023–2024)

3.1 Makroökonomische Schocks: Inflation, Baukosten und die EZB-Zinssprünge

Ab 2022 vollzog die EZB eine Trendwende, um der hohen Inflation entgegenzuwirken. Hypothekenzinsen, die im Januar 2022 noch bei 1,0 Prozent lagen, stiegen massiv an und lagen bereits Anfang Mai 2022 bei 2,66 Prozent, wobei sie in der Folgezeit weiter zulegten.

Dieser Zinsschock führte zu einer multiplen Belastung für den Markt. Parallel zur Vervielfachung der Finanzierungskosten erschwerten steigende Rohstoffpreise und die allgemeine Inflation die Kalkulation und Durchführung von Neubau- und Sanierungsvorhaben erheblich. Das Preisniveau des Jahres 2022 (z.B. 4.770 €/m² für Neubau) war mit den neuen Zinskonditionen nicht mehr finanzierbar, was eine Korrektur des Preisniveaus unausweichlich machte.

3.2 Auswirkungen auf die Erschwinglichkeit und die Nachfrage der Käuferschichten

Die massiv gestiegenen Finanzierungskosten dämpften die Kauflust. Die Unsicherheit und die höheren Gesamtkosten führten zu einer deutlichen Zurückhaltung von Kapitalanlegern, was zu einer Verlängerung der Vermarktungszeiten führte.

Gleichzeitig veränderte sich die Zusammensetzung der Käuferschaft. An die Stelle spekulativer Käufer, die sich schnell zurückzogen, traten nun zunehmend private Käufer, die über einen höheren Eigenkapitalanteil verfügten. Diese Verschiebung in der Käuferstruktur sorgte dafür, dass der Markt weniger volatil, aber gleichzeitig preissensibler wurde.

3.3 Erste Preisreaktionen in Kempten (2023): Segmentierte Rückgänge

Die Marktkorrektur trat 2023 in Kempten deutlich zutage. Die durchschnittlichen Quadratmeterpreise sanken in diesem Jahr um etwa 6,2 Prozent bis 7,9 Prozent im Jahresvergleich.

Obwohl dieser Rückgang signifikant war, zeigte sich Kempten resilienter als der deutsche Durchschnitt. Laut Daten des Verbands deutscher Pfandbriefbanken (VDP) sanken die Preise für Wohnimmobilien deutschlandweit im dritten Quartal 2023 im Vergleich zum Vorjahr um 17 Prozent. Die moderatere Korrektur in Kempten deutet darauf hin, dass die lokale Marktstruktur weniger spekulativ überhitzt war und eine stabilere Basis durch Eigennutzer und die regionale Wirtschaft besaß.

3.4 Konsolidierung des Marktes 2024: Erste Anzeichen der Stabilisierung

Bereits im Jahr 2024 konsolidierte sich der Kemptener Markt. Die Preise stabilisierten sich auf dem korrigierten Niveau und zeigten erste positive Tendenzen (+2,7 % im Jahresdurchschnitt). Regionale Experten der Sparkassen bestätigten im zweiten Quartal 2024, dass die Preise für Einfamilienhäuser und Eigentumswohnungen im Vergleich zum Vorquartal um bis zu 2,3 Prozent gestiegen waren.

Diese schnelle Marktkonsolidierung impliziert, dass die Preiskorrektur in Kempten primär dazu diente, die überschüssige Liquidität und die spekulative Überhitzung aus dem Markt zu entfernen. Da die lokale Wirtschaft stark ist und die Leerstandsquote niedrig, wurde das korrigierte Preisniveau schnell von der dominanten, Eigenkapital-starken Käufergruppe als attraktiv und tragbar akzeptiert. Die Korrektur war kurz, weil das zugrundeliegende strukturelle Problem der Angebotsknappheit weiterhin bestand.

IV. Differenzierte Marktanalyse 2025: Die neue Preisrealität

Der Markt 2025 ist nicht homogen, sondern stark segmentiert. Die Preisentwicklung wird nicht mehr primär durch die allgemeine Liquidität, sondern durch den Zustand und die Energieeffizienz der Immobilie bestimmt.

4.1 Aktuelles Preisniveau und Spannen für Eigentumswohnungen

Das Wohnungssegment zeigt sich im Jahr 2025 als das dynamischste und stabilste Marktsegment. Es verzeichnete die stärksten Zuwächse nach der Korrektur, mit Steigerungen von bis zu +8,54 Prozent gegenüber dem Vorjahr.

Aktuelle Kaufpreise für Wohnungen:

  • Der aktuelle Durchschnittspreis liegt bei 4.333 €/m².
  • Die Preisspanne reicht von 3.340 €/m² bis 5.802 €/m².
  • Die Preisdifferenz zwischen Bestands- und Neubauobjekten ist signifikant und beträgt über 1.000 €/m²: Eigentumswohnungen aus dem Bestand kosteten im Frühjahr 2025 im Schnitt 3.600 €/m², während neuerrichtete Wohnungen bei 4.650 €/m² lagen.

4.2 Aktuelles Preisniveau und Volatilität im Haussegment

Der Hausmarkt verzeichnete im Vergleich zu den Eigentumswohnungen eine gedämpftere Entwicklung. Einige Analysen zeigen im Jahresvergleich zu 2024 sogar leichte Rückgänge oder Stagnation, wobei der Trend bei Häusern bei etwa -4,11 Prozent bis -2,72 Prozent lag.

Absolute Preise für Bestandshäuser (Frühjahr 2025):

  • Freistehende Einfamilienhäuser lagen im Schnitt bei 550.000 €.
  • Doppelhaushälften kosteten durchschnittlich 520.000 €.

Die höhere Volatilität und die leichte Korrektur im Haussegment spiegeln das größere Gesamtkapitalrisiko wider, das mit diesen Objekten verbunden ist. Häuser, insbesondere ältere Baujahre, sind anfälliger für die gestiegenen Anforderungen an die Energieeffizienz und die hohen Baukosten für notwendige Sanierungen.

Tabelle 2: Medianpreise und Veränderungsraten für Wohneigentum in Kempten 2025

Objekttyp Ø Preis pro m² (Aktuell) Absolutpreis (IVD Bestand) Veränderung zum Vorjahr (YoY)
Eigentumswohnung (Durchschnitt) 4.333 €/m² N/A +8.54 % (ImmReport)
Eigentumswohnung (Median) 4.665 €/m² N/A +19.67 % (E&V)
Eigentumswohnung (Bestand) N/A 3.600 €/m² Tendenz konstant
Eigentumswohnung (Neubau) N/A 4.650 €/m² Tendenz konstant
Haus (Durchschnitt) 3.620 €/m² – 4.071 €/m² N/A -4.11 % bis -2.72 %
Freistehendes Einfamilienhaus N/A 550.000 € Tendenz konstant

4.3 Die signifikante Divergenz: Zustand und Energieeffizienz als dominierende Preisfaktoren

Die Entkopplung der Preisentwicklung für gepflegte und sanierungsbedürftige Objekte ist das prägendste Merkmal des Marktes 2025. Das Angebot an Immobilien, die einen deutlichen Sanierungsbedarf aufweisen, ist größer als das knappe Angebot an hochwertig ausgestatteten Objekten in attraktiven Lagen.

Die Konsequenz dieses Ungleichgewichts ist klar: Die Preise für sanierungsbedürftige Objekte verzeichnen teils spürbare Rückgänge, während gepflegte und moderne Wohnimmobilien auf stabilem Niveau bleiben. Der Zustand einer Immobilie und ihre Energieeffizienz sind zu den wichtigsten wertbestimmenden Faktoren geworden, da diese zunehmend das Kaufverhalten bestimmen.

Der Umstand, dass Wohnungen in attraktiven, energieeffizienten Segmenten die Nase vorn haben, ist eine direkte Folge des gestiegenen Zinsniveaus. Der kleinere Kapitalbedarf für Eigentumswohnungen macht diese für breitere Schichten von Eigennutzern mit hohem Eigenkapitalanteil erschwinglicher. Häuser hingegen erfordern oft die höchsten Sanierungsinvestitionen. Da die Baukosten hoch bleiben und die Zinsen gestiegen sind, müssen Verkäufer von sanierungsbedürftigen Häusern größere Preisabschläge hinnehmen, um das Käuferrisiko des zusätzlichen Sanierungsaufwandes zu kompensieren. Die negative Preisentwicklung im Haussegment ist somit keine allgemeine Marktschwäche, sondern eine spezifische Risikoprämie für den Sanierungsstau.

Tabelle 3: Marktsegmentierung 2025: Preiskorrelation zum Objektzustand

Segment Preisdynamik 2024/2025 Nachfragecharakteristik Haupttreiber
Gepflegte/Moderne Objekte Stabil bis leichte Steigerung Hoch, Angebot knapp Hohe Energieeffizienz, sofortige Nutzbarkeit, geringes Zukunftsrisiko
Sanierungsbedürftige Objekte Spürbare Rückgänge Belebt, aber preisbewusst Hohe Baukosten, Zinslast, Unsicherheit über Sanierungspflichten
Neubau Preisniveau hoch (4.650 €/m²) Stabilisiert durch Eigenkapital Knappes Angebot aufgrund von Genehmigungsrückgängen

V. Fundamentale Marktdynamiken in Kempten 2025

5.1 Angebot und Nachfrage: Die ungebrochene Nachfrage nach Eigenheimen

Trotz der wirtschaftlichen Unsicherheiten und der deutlich gestiegenen Finanzierungskosten hat der Wunsch nach einem Eigenheim, sei es in Form von freistehenden Einfamilienhäusern, Doppelhaushälften oder Reihenhäusern, nicht an Attraktivität verloren.Eigenheime symbolisieren nach wie vor den Wunsch nach einem Zuhause und bleiben ein zentraler Antrieb auf dem Kemptener Immobilienmarkt.

Die Nachfrage nach Bestandsimmobilien hat sich in den vergangenen Monaten leicht verstärkt, fokussiert sich jedoch stark auf das knappe Angebot an hochwertigen und optisch ansprechenden Objekten.

5.2 Verschiebung der Käuferstruktur und Eigenkapitalquote

Die Marktbeobachtungen zeigen eine klare Verschiebung in der Zusammensetzung der Käuferschaft im Vergleich zur Vorkrisenzeit. Der Markt wird zunehmend von privaten Käufern mit einem höheren Eigenkapitalanteil bestimmt, während Kapitalanleger aufgrund der verschlechterten Renditeaussichten und gestiegenen Finanzierungskosten deutlich zurückhaltender agieren. Diese neue Dominanz der Eigennutzer mit hoher Bonität und Eigenkapital führt zu einer stabileren Nachfragesituation, da diese Käufer in der Regel weniger auf kurzfristige Renditeerwartungen reagieren.

5.3 Bautätigkeit im Oberallgäu und Kempten: Genehmigungsrückgänge als zukünftiger Knappheitstreiber

Ein kritischer langfristiger Faktor, der die zukünftige Preisentwicklung in Kempten bestimmen wird, ist der dramatische Einbruch der Bautätigkeit. Im Landkreis Oberallgäu sank die Zahl der Baugenehmigungen für Wohnungen im Jahr 2023 um 37,3 Prozent im Vergleich zu 2022 und erreichte damit den niedrigsten Wert seit 2012. Auch die Baufertigstellungen sanken 2023 signifikant auf 577, was deutlich unter dem langjährigen Mittelwert liegt.

Dieser drastische Rückgang der Baugenehmigungen ist der wichtigste langfristige Preistreiber. Er garantiert, dass die Angebotsknappheit im Segment Neubau und hohe Qualität in den nächsten zwei bis vier Jahren massiv zunehmen wird, da kaum neue Projekte in die Pipeline kommen. Die aktuelle Marktstabilisierung 2025 findet demnach ohne nennenswerte Entlastung durch Neubauten statt. Da die anhaltende Nachfrage der Eigenkapital-starken Käufergruppe auf ein schrumpfendes Angebot treffen wird, legt dies nahe, dass die aktuelle Preisstabilität mittelfristig zu einem erneuten, aggressiven Preisauftrieb im hochwertigen Segment führen könnte, sobald sich die Finanzierungsbedingungen leicht verbessern.

VI. Kempten im Regionalvergleich: Der Allgäuer Kontext

6.1 Kempten als Ankerpunkt und Attraktivitätsfaktor

Kempten fungiert als zentraler Ankerpunkt für die gesamte Region. Seine wirtschaftliche Stabilität, gepaart mit hoher Lebensqualität, sichert eine konstant hohe Nachfrage nach Wohnraum. Die Region Allgäu erlebt eine erhöhte Nachfrage, angetrieben durch ihre anhaltende Attraktivität als Wohn- und Urlaubsziel. Diese hohe Nachfrage hält das Immobilieninteresse in Kempten, aber auch in umliegenden idyllischen Dörfern und Städten wie Füssen und Oberstdorf, auf einem hohen Niveau.

6.2 Preisdifferenzierung im Umland

Die Attraktivität Kemptens strahlt auf das unmittelbare Umland ab. Die Bodenrichtwerte und Grundstückspreise in Kempten setzen den Maßstab für umliegende Gemeinden wie Durach, Betzigau und Wildpoldsried, die nur 7 bis 9 Kilometer entfernt liegen. Die gute Verkehrsanbindung und die Nähe zur Stadt stützen die Preise im Speckgürtel.

Der regionale Kontext wird auch durch die Nachfrage nach Ferienimmobilien gestützt. Ein Vergleich mit anderen Städten im Allgäu, wie Isny im Allgäu, wo der Medianpreis für Häuser bei rund 4.295 €/m² liegt , zeigt, dass die hohe Lebensqualität und die touristische Dimension des Allgäus die Bodenknappheit und die Immobilienwerte in der gesamten Region stabilisieren. Dies verschafft Kempten eine zusätzliche Absicherung gegenüber Marktvolatilitäten im Vergleich zu rein urbanen Zentren. Experten erwarten für das Allgäu insgesamt einen moderaten Preisanstieg von etwa 3 Prozent, gestützt durch die starke regionale Wirtschaft und das kontinuierliche Interesse an der Region.

VII. Strategische Handlungsempfehlungen für Eigentümer

7.1 Wertsteigerung durch energetische Sanierung: Priorität und Rendite

Angesichts der klaren Preisdifferenzierung im Jahr 2025 und der „spürbaren Rückgänge“ für sanierungsbedürftige Objekte ist die energetische Ertüchtigung heute die wichtigste Wertsteigerungsmaßnahme für Bestandshalter. Der Markt hat sich von einem Verkäufermarkt (2018–2022) zu einem Qualitätsmarkt (2025) gewandelt.

Die Differenz zwischen Neubauwohnungen (4.650 €/m²) und Bestandswohnungen (3.600 €/m²) beträgt 1.050 €/m². Eine gezielte Investition in die Energieeffizienz schließt einen Teil dieser Preisdifferenz und erfüllt die Anforderungen der neuen Käuferschicht. Die Energieeffizienz reduziert nicht nur das Risiko eines zukünftigen Verkaufsabschlags durch regulatorische Anforderungen, sondern wird zunehmend zum entscheidenden Faktor für die Wertermittlung.

7.2 Empfehlungen für den Verkaufszeitpunkt (Timing des Verkaufs)

Die Verkaufsstrategie muss auf das Profil der neuen Käuferschicht, den Eigenkapital-starken, risikoscheuen Eigennutzer, zugeschnitten sein.

  • Hochwertige, sanierte oder moderne Immobilien: Der Verkaufszeitpunkt ist 2025 günstig. Der Markt hat sich stabilisiert, und die Nachfrage nach sofort nutzbaren, energieeffizienten Objekten ist ungebrochen hoch. Diese Objekte erzielen stabile oder leicht steigende Preise.
  • Sanierungsbedürftige Immobilien: Ein Verkauf im aktuellen Marktumfeld bedeutet, dass der Eigentümer den Abschlag für die hohen Baukosten an den Käufer abgeben muss. Die Preise sind aufgrund der hohen Sanierungsrisiken und -kosten unter Druck geraten. Eigentümer müssen in diesem Segment entscheiden, ob sie diesen Abschlag hinnehmen oder die Kosten und das Risiko einer Sanierung selbst tragen, um einen signifikant höheren Verkaufspreis zu erzielen.

7.3 Ausblick: Preisprognosen für 2026 und darüber hinaus

Experten sind sich einig, dass die Phase der Korrektur abgeschlossen ist. Die kurzfristige Prognose sieht eine Fortsetzung der stabilen Preisentwicklung oder einen moderaten Anstieg von etwa 3 Prozent im Allgäu vor.

Langfristig wird der Markt weiterhin durch zwei gegenläufige Kräfte beeinflusst:

1. Hürde der Finanzierung: Der hohe Eigenkapitalbedarf bleibt absehbar die größte Hürde für potenzielle Käufer und Bauherren. Die Marktpreise müssen sich an der „neuen Normalität“ der Finanzierungsbedingungen ausrichten.

2. Strukturelle Angebotsknappheit: Der massive Einbruch der Bautätigkeit im Oberallgäu und Kempten garantiert, dass die Angebotsknappheit im Segment Neubau/hohe Qualität in den kommenden Jahren strukturell zunehmen wird. Diese langfristige Verknappung wird, sobald die Finanzierungsbedingungen auch nur leicht nachlassen, erneut für einen Preisauftrieb sorgen, insbesondere bei den Objekten, die den hohen Anforderungen an Energieeffizienz und Zustand entsprechen.

Der Kemptener Markt hat seine fundamentale Stärke bewiesen, indem er die Zinswende schneller und milder überstanden hat als der bundesweite Durchschnitt. Die zukünftige Wertentwicklung wird jedoch stark davon abhängen, ob Eigentümer in die Qualität und Zukunftsfähigkeit ihrer Bestandsimmobilien investieren.

www.schaule-immobilien.de

Autor:

Armin Schaule ist Inhaber von Schaule Immobilien und bringt als Immobilienmakler IHK gepaart mit zusätzlichen Qualifikationen wie geprüfter Immobilienbewerter (EIA), Geprüfter Handelsfachwirt und Gewerbeimmobilienberater (EIA) tiefgehende Expertise in Wohn- und Gewerbeimmobilien mit. Seine fachliche Ausbildung erlaubt es ihm, sowohl Marktwerte präzise zu bewerten als auch kundenorientierte und wirtschaftlich tragfähige Beratung anzubieten.

 

 

 

Quellen:

[1] LBS, Markt für Wohnimmobilien 2025, Prognose: Ende der Phase sinkender Preise, hohe Anforderungen an Eigenkapital. (Quelle: https://www.lbs-markt-fuer-wohnimmobilien.de/wp-content/uploads/2025/09/LBS_MfW-2025_online.pdf)

[2] IVD Süd e.V., CityReport Kempten 2025, Marktentwicklung Frühjahr 2025: Konstante Preise, belebte Nachfrage Bestandsimmobilien, Preisdivergenz nach Sanierungsbedarf. (Quelle: https://ivd-sued.net/pn-92-cityreport-kempten-2025-tendenziell-konstante-preise-am-wohneigentumsmarkt/)

[3] Allgäu-Immobilie, Marktbericht 2025: Dynamische Entwicklung im Allgäu, Prognose moderater Preisanstieg, stabile regionale Wirtschaft. (Quelle: https://allgaeu-immobilie.de/immobilienmarkt-2025-was-erwartet-kaeufer-im-allgaeu/)

[4] ImmReport, Immobilienpreise November 2025: Aktuelle Durchschnittspreise Wohnung und Haus, Veränderung zum Vorjahr. (Quelle: https://immoreport.de/immobilienpreise/kempten-allgaeu)

[5] Engel & Völkers, Immobilienpreise Kempten (Allgäu): Aktuelle Medianpreise Q3/2025 und historische Daten 2019–2022. (Quelle: https://www.engelvoelkers.com/de-de/immobilienpreise/bayern/kempten-allgaeu/)

[6] Immowelt, Immobilienpreise Kempten (Allgäu): Preisentwicklung 2023 und 2024. (Quelle: https://www.immowelt.de/immobilienpreise/kempten-allgaeu)

[7] LBS/Interhyp/IREBS: Analyse zum Einfluss der Zinswende, Entwicklung der Hypothekenzinsen 2022. (Quelle: https://www.lbs-immoschleswigholstein.de/immo-wissen/wie-veraendert-die-zinswende-den-immobilienmarkt.html)

[8] VON POLL IMMOBILIEN, Marktbericht 2024 (Daten zur Bautätigkeit im Landkreis Oberallgäu und Kennzahlen Kempten). (Quelle: https://cdn.von-poll.com/Viewer/marktberichte/kempten-2024/index.html)

[9] Immonet, Preisentwicklung Kempten (Allgäu) 2018–2025: Historische Durchschnittspreise und Jahresveränderungen. (Quelle: https://www.immonet.de/immobilienpreise/neighborhood/imn-kempten-176222)

[10] IVD Süd e.V., CityReport Kempten 2022: Preise Frühjahr 2022 (Bestand und Neubau) und Bauprojekte. (Quelle: https://ivd-sued.net/pn-92-cityreport-kempten-2022-steile-preiszuwachsraten-koennten-zwischenzeitlich-der-vergangenheit-angehoeren/)

[11] Sparkasse.de: Marktentwicklung Q2/2024, gestiegene Preise und Bedeutung der Energieeffizienz. (Quelle: https://www.sparkasse.de/pk/ratgeber/wohnen/immobilie-erwerben/immobilienpreise.html)

[12] Ohne Makler, Immobilienpreise Kempten 2025: Hauspreise und Veränderung zum Vorjahr. (Quelle: https://www.ohne-makler.net/immobilienpreise/bayern/kempten-allgau/)

[13] Bodenrichtwerte-Deutschland.de: Distanzen zu umliegenden Gemeinden (Durach, Betzigau, Wildpoldsried). (Quelle: https://www.bodenrichtwerte-deutschland.de/bodenrichtwert/bayern/kempten-(allgaeu))

[14] Reidelshöfer Immobilien, Marktbericht 2025: Vergleichsdaten Isny im Allgäu. (Quelle: https://reidelshoefer-immobilien.de/immobilien/marktbericht-2025)